Matthias Ecke: eine Auswahl von Einschätzungen

Nur wenige Tage sind vergangen, seitdem Matthias Ecke (SPD) beim Plakate-kleben in Vorbereitung auf die Europawahl 2024 von jugendlichen Gewalttätern zusammengeschlagen und lebensgefährlich verletzt worden ist. Die Reaktionen der Politik, der Öffentlich-Rechtlichen Medien, und auch der mobilisierten Bevölkerung sind die eine oder andere Anmerkung wert.

Dass jetzt sogleich nach Verschärfungen des Strafrechts gerufen wird mag zu den naturbedingten Reaktionen gehören und darf oder sollte ignoriert werden. Wo sollte es auch hinführen, wenn auf jede Mißliebigkeit der Tagespolitik ein neuer Straftatbestand gefordert wird. Das Strafgesetzbuch ist umfangreich, und die meisten Kandidaten für strafrechtliche Sanktionierung sind hinreichend beschrieben und vom geltenden Recht erfasst.

Was wäre indes der neue Straftatbestand? Tätlicher Angriff auf Mandatsträger, auf Ehrenamtliche, auf Prominente? Kein Volksvertreter ist stärker seiner eigenen Delegitimation verdächtig als derjenige, der sich vor dem Wähler schützen muss. Welchen Eindruck hinterläßt eine politische Klasse die sich zunehmend isoliert? Steht diese Prominenz nicht ohnehin schon länger im Verdacht, den Kontakt zum Souverän verloren zu haben?

Dann eine weitere Frage, die man berechtigt stellen darf und muß: Wer sind die Opfer der zunehmenden Angriffe? Hierzu sind Statistiken vorgelegt worden, die, je nachdem, ob man Verbalattacken hinzu- oder herausrechnet, zu verschiedenen Schlussfolgerungen kommen. Erstaunlich erscheint jedoch, dass die ungeliebte AfD zu den Hauptopfern der tätlichen also physischen Angriffe gehört. Passt dies zusammen mit der Einschätzung, dass diese Partei den rhetorischen und mentalen Hintergrund für die zunehmende Aggressivität liefert? Hier scheinen sich logische Inkonsistenzen eingeschlichen zu haben, die belegen, dass die Situation einer sorgfältigeren Analyse unterzogen werden sollte.

Wer in der Bundesrepublik ist der Souverän? Dies läßt sich vielerorts und sicher auch im Grundgesetz nachlesen: das Volk, von dem alle Macht ausgeht. In Abwandlung eines Satzes von Nancy Faeser sei die abschliessende Feststellung gestattet: Wer den Souverän verhöhnt, soll es mit einem starken Souverän zu tun bekommen. Dies wird sich in den kommenden Wahlen hoffentlich bewahrheiten.

Marcus Greferath

ALLES FÜR DEUTSCHLAND

Konrad Adenauer verschob die Chancen einer deutschen Wiedervereinigung auf Jahrzehnte hinaus. Wichtig war ihm eine stabile Westintegration, und er tat dies ALLES FÜR DEUTSCHLAND.

Willy Brandt bemühte sich durch eine neue Ostpolitik um eine Verbesserung der Bedingungen, die für die Deutschen angesichts des Mauerbaus im Jahre 1961 entstanden waren. Er war Patriot und tat dies ALLES FÜR DEUTSCHLAND.

Helmut Schmidt opferte Hanns Martin Schleyer im Kampf gegen den Terrorismus der Roten Armee Fraktion und beförderte durch sein Festhalten am Nato-Doppelbeschluss den Zerfall der Sowietunion. Diese Veränderungen führten letztendlich zur deutschen Wiedervereinigung. Schmidt hat dies ALLES FÜR DEUTSCHLAND getan.

Helmut Kohl opferte die Deutsche Mark zugunsten des Euros, von dessen Einführung die Franzosen ihr Ja zur deutschen Einheit abhängig gemacht hatten. Er wurde dadurch zum Vater der Wiedervereinigung, und er tat, was immer er tat, ganz gewiss ALLES FÜR DEUTSCHLAND.

Ein ungeliebter deutscher Oppositionspolitiker steht dieser Tage in Halle vor Gericht, weil man ihm den rhetorischen Mißbrauch der gesetzlich verbotenen Redewendung ALLES FÜR DEUTSCHLAND anlastet. Die Fassade des Landgerichts in Halle ziert der Satz JEDEM DAS SEINE.

Marcus Greferath